Am 14.05.2023 jährt sich zu 75. Mal die Staatsgründung Israels. Der 15. Mai ist für die Palästinenser hingegen der Tag der Nakba (arab. für Unglück oder Katastrophe), an dem sie der mit Israels Staatsgründung einhergegangenen, gewaltsamen Vertreibung von ca. 900.000 Palästinensern im Jahr 1948 erinnern, bei dem auch 531 palästinensische Städte und Dörfer zerstört wurden und die Lebensgrundlage der Palästinenser vernichtet wurde. Dem offiziell israelischen Narrativ, dass die Palästinenser wegen der Propaganda der arabischen Staaten geflohen seien stehen Beweise für gezielte Vertreibungen, systematische Zerstörung palästinensischer Dörfer und Städte sowie Massaker und Plünderungen entgegen. Die UN-Generalversammlung hat in ihrer Resolution 194 von Dez. 1948 das Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr und Entschädigung postuliert, aber die israelische Regierung hat dies abgelehnt und gewaltsam verhindert.

Das Wort Nakba beschreibt aber auch die aktuelle Lebensrealität der Palästinenser. Denn bis heute ist das palästinensische Streben nach nationaler Selbstbestimmung nicht erfüllt. Oft leben die Flüchtlinge und ihre Nachkommen staatenlos im Exil teils unter menschenunwürdigen Bedingungen. Rund 40% der Palästinenser weltweit sind als Flüchtlinge registriert.Palästinenser im Westjordanland sehen Verdrängung und Enteignung als Fortsetzung der Nakba. Der extrem dichtbesiedelte Gaza-Streifen ächzt unter einer Personen- und Warenverkehr-behindernden Blockade. Israelische Staatsbürger paläst. Herkunft werden als Bürger zweiter Klasse diskriminiert mit Einschränkungen bei Grundrechten und Benachteiligungen, insbes. beim Landbesitz, da sich Israel nicht als Staat aller seiner Bürger versteht, sondern als Nationalstaat des jüdischen Volkes. Eine friedliche Regelung des Konflikts und der Flüchtlingsfrage ist heute weniger absehbar denn je.  Die neue, extrem rechte, israelische Regierung zielt auf dauerhafte Kontrolle des Westjordanlandes und jüdische Vorherrschaft ab, indem sie die Siedlungspolitik forciert und von einer temporär-militärischen Besatzung zu einer dauerhaft-zivilen (und damit grundsätzlich völkerrechtswidrigen) Besatzung übergehen möchte.

Die UN wird am 15.05.2023 an den 75. Jahrestag der Nakba erinnern und auf die historischen Fakten hinweisen. Eine entsprechende Resolution wurde am 30.11.2022 mit 90 Ja-Stimmen (bei 30 Gegenstimmen und 47 Enthaltungen) verabschiedet. Deutschland und andere europäische Länder haben gegen die Resolution gestimmt. Israel verweigert den Palästinensern ihr Selbstbestimmungsrecht, missachtet seit Jahrzehnten UN-Resolutionen und Urteile des internationalen Gerichtshofs gedeckt vor allem von der Schutzmacht USA, aber auch anderer westlicher Staaten (darunter Deutschland), die das gleiche Verhalten anderer Schutzmächte bei anderen Konflikten anprangern. Wir fordern die heutzutage vielbeschworene werte- und regelbasierte Weltordnung auch für die Palästinenser ein, von denen bis heute Millionen unter den Folgen der Nakba leiden ohne Recht auf Rückkehr oder Entschädigung.